EY Kommunenstudie 2022

Prognose Diagramm

Am 13. Dezember 2022 hat EY seine „EY Kommunenstudie 2022 – Kommunen in der Finanzkrise: Status quo und Handlungsoptionen“ veröffentlicht. Insgesamt wurden 301 Städte mit über 20.000 Einwohnern telefonisch durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut im Oktober und November 2022 befragt. Die aktuelle EY Kommunenstudie verdeutlicht die enormen fiskalischen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Angesichts stärker steigender Ausgaben als Einnahmen rechnet jede zweite Kommune mit einem Haushaltsdefizit. Infolge mehrerer Sondereffekte, die 2023 zum Tragen kommen können, muss die Einschätzung der befragten Kommunen zur Ausgabenentwicklung dabei sogar noch als optimistisch beschrieben werden. Maßgeblicher Kostentreiber sind die Energiekosten. Zahlreiche Energieeffizienzmaßnahmen werden bereits umgesetzt, Potenzial für weitere Einsparmaßnahmen besteht gleichwohl noch.

Finanzierungssaldo

Nach den Ergebnissen der Umfrage erwarten die befragten Kommunen für das laufende Jahr eine Steigerung der Gesamteinnahmen um durchschnittlich 2,1 Prozent, die Erwartungen für 2023 fallen mit +2.0 Prozent ähnlich aus. Dem gegenüber stehen für das Jahr 2022 erwartete Gesamtausgabensteigerungen um 3,6 Prozent, respektive 4,0 Prozent in 2023. Die für das Jahr 2023 angenommene Ausgabensteigerung erscheint vor dem Hintergrund einer Inflation von derzeit 10 Prozent und Mehrbelastungen für Energie, Flüchtlinge und zu erwartende Tarifsteigerungen für Personal etc. eher zurückhaltend geschätzt. EY unterstreicht, dass kumulierende Sondereffekte die Gesamtausgaben im kommenden Jahr deutlich stärker steigen lassen könnten. Nachdem vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019 noch 54 Prozent der befragten Kommunen Haushaltsüberschüsse erwirtschaften konnten, erwarten für das laufende Jahr nunmehr nur noch 11 Prozent einen Überschuss. Gut 59 Prozent der befragten Kommunen gehen davon aus, das Haushaltsjahr 2022 mit einem Defizit abzuschließen. 2019 hatten hingegen nur 13 Prozent ein Haushaltsdefizit.

Verschuldung

Mit Blick auf die Schuldensituation sind die befragten Kämmerer trotz der sich kumulierenden Sondereffekte verhalten optimistisch. So gehen gut zwei Drittel davon aus, dass die Gesamtschulden trotz der zahlreichen Sondereffekte und hohen Investitionserfordernisse in den nächsten drei Jahren nicht steigen werden. Ein Viertel erwartet sogar einen Schuldenrückgang.

Investitionen

Jede zweite Kommune plant für das laufende bzw. kommende Jahr mehr Investitionsmittel für die Modernisierung und die Dekarbonisierung ihres Gebäudebestandes ein. Bei der Straßeninfrastruktur planen 38 Prozent Steigerungen bei den Investitionsausgaben. Bei der IT-Infrastruktur bzw. Digitalisierung sind es 37 Prozent. Die niedrigen 17 Prozent beim ÖPNV sind auch damit zu erklären, dass die Investitionen hier in der Regel von den kommunalen Verkehrsunternehmen direkt getätigt werden und die Kommune vor allem für Zuschüsse gefordert ist, wenn größere Investitionsmaßnahmen geplant sind.

Leistungskürzungen und Hebesatzanpassungen

Angesichts explodierender Ausgaben und nur leicht steigender Einnahmen ist die kommunale Finanzsituation schlicht prekär. Wenig verwunderlich ist daher, dass 54 Prozent angaben, bei ihren Ausgaben in 2022 bzw. 2023 Kürzungen vorzunehmen. Das sind mehr als in jeder bisherigen EY-Befragung seit 2016 und doppelt so viele wie im Vorjahr (26 Prozent). Da es sich beim Großteil der kommunalen Ausgaben um Pflichtaufgaben handelt, bleibt den Städten und Gemeinden nur Entscheidungsspielraum für Einschränkungen bei den freiwilligen Aufgaben. Neben Investitionen ist hier vor allem der Kultur- und Freizeitbereich betroffen. Von Kürzungen betroffen sind vor allem energieintensive Leistungen. So gaben 42 Prozent an, ihre Straßenbeleuchtung zu reduzieren und Hallen- und Freibäder zu schließen bzw. nur noch eingeschränkt zu betreiben (31 Prozent).

Auf der Einnahmenseite haben die Kommunen nur begrenzte Möglichkeiten für Verbesserungen. Konkret planen 31 Prozent der Kommunen ihre Hebesätze bei der Grund- oder der Gewerbesteuer in diesem oder dem kommenden Jahr zu erhöhen.

Energiekosten

Das Thema gestiegene Energiekosten waren ein Schwerpunkt der Kommunenstudie 2022. 45 Prozent der Befragten rechnen für das laufende Jahr mit Ausgabensteigerungen für Energie von mindestens 20 Prozent, insgesamt 6 Prozent sogar mit einer Ausgabensteigerung von mehr als 50 Prozent. Diese im Vergleich zu Privat-, Industrie- und Gewerbekunden vergleichsweise moderate Steigerung der Energiekosten kann den Autoren der Studie zufolge vor allem auf gute Energielieferverträge der Kommunen mit ihren meist eigenen Stadtwerken zurückgeführt werden.

Konkret wurde auch nach kurzfristigen Energie-Einsparmaßnahmen gefragt. 82 Prozent gaben an, die Begrenzung der Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden bereits umgesetzt zu haben, 16 Prozent planen dies. 79 Prozent haben bereits das Absenken der Wassertemperatur in Schwimmbädern in die Wege geleitet (16 Prozent planen dies). Bei der Abschaltung der Außenbeleuchtung und des Anstrahlens öffentlicher Gebäude sind es 75 Prozent, die hier Einsparmaßnahmen bereits getroffen haben, 12 Prozent werden dies noch umsetzen. Ebenfalls mehr als die Hälfte der befragten Kommunen haben ihre Springbrunnen und sonstigen Brunnenanlagen bereits abgeschaltet bzw. planen dies, gleiches gilt für die Reduzierung der Straßenbeleuchtung.

Zu den umgesetzten bzw. geplanten langfristigen Energieeffizienzmaßnahmen zählen die Umrüstung auf LED (64 Prozent bzw. 29 Prozent), die Modernisierung von Heizungsanlagen (39 Prozent umgesetzt, 29 Prozent geplant) sowie die Installation von PV-Anlagen oder Wärmepumpen in öffentlichen Gebäuden (29 Prozent und 34 Prozent) und die Installation von Solarthermie-Anlagen (24 Prozent und 37 Prozent).

Aus den verschiedenen Energieeinsparmaßnahem ergibt sich nach der Befragung ein durchschnittliches Einsparziel der Kommunen von 15 Prozent. 65 Prozent der Befragten haben für sich ein Einsparziel definiert: Die Hälfte der Kommunen plant, 20 Prozent und mehr einzusparen.

Geflüchtete

Mit Blick auf flüchtlingsinduzierte Mehrkosten, die nicht durch Erstattungen von Bund und Ländern gedeckt werden, gaben die Kommunen vor allem die Bereiche Kinderbetreuung (56 Prozent), Schulen (52 Prozent) und Wohnen (33 Prozent). Dass die Mehraufwendungen aber nicht immer ganz so pauschal zuzuordnen sind, zeigen die 41 Prozent bei „Sonstiges“.

Die EY-Kommunenstudie 2022 kann über www.ey.com bezogen werden.

24.01.2023